Hochsensibilität: 4 Bücher für ein besseres Selbst-Verständnis

How are you really?

Hochsensibilität – wieder nur ein neumodischer Begriff? Eine Ausrede für Charakterschwäche oder ein «Extra», um sich besonders zu fühlen? Oder steckt vielleicht viel mehr dahinter als nur eine neuartige Bezeichnung, und zwar der Weg zu einem besseren Selbst-Verständnis? Ein Text von Jessica Wollbach.

Das Thema «Hochsensibilität» taucht in letzter Zeit immer öfter auf. Es häufen sich die Bücher und Expertenmeinungen, die Blogs, Instagram-Accounts und Videos zu diesem Thema. Und auch im christlichen Bereich werden immer mehr neue Bücher dazu verlegt. Aber ist das nötig?

Was ist Hochsensibilität, und was ist sie nicht? Möchte die vermeintlich betroffene Person sich wirklich nicht nur wichtig machen oder Schuld verlagern? Ich bin überzeugt: Genau das Gegenteil ist der Fall! Als hochsensible Person weiß ich um die Vorurteile, die ich vor allem mir selbst gegenüber habe.

Ich habe mich lange nicht getraut, überhaupt auszusprechen, dass ich hochsensibel bin. Und davor gab es eine sehr lange Zeit, in der ich gar nicht wusste, dass das, was so «anders» an mir ist, einen Namen und einen (guten) Grund hat. Bis mir dazu immer mehr Bücher in die Hände fielen und ich mich auf einmal viel besser verstehen konnte.

Ich möchte dir von 4 verschiedenen Büchern erzählen, die das Thema Hochsensibilität auf unterschiedliche Art und mit unterschiedlichem Fokus näher beleuchten. Jedes Buch hat seinen eigenen Schwerpunkt, und trotzdem haben alle einen gemeinsamen Nenner: Gott hat uns einzigartig geschaffen, er liebt uns und unsere Hochsensibilität ist kein Fehler oder Zufall. Er leitet unser Leben! Eins kann ich jetzt schon sagen: Diese Bücher gaben mir das Gefühl, als hätte jemand in meinem Innern «das Licht angeknipst»!

Mit allen Sinnen auf Empfang – Debora Sommer

Mit allen Sinnen auf Empfang Debora Sommer

Meine Reise der Hochsensibilität begann mit dem Buch «Mit allen Sinnen auf Empfang». In ihrem Buch geht Debora Sommer ihrer eigenen Hochsensibilität auf die Spur und beleuchtet sie vor dem Hintergrund der Bibel und der christlichen Spiritualität. Im ersten Drittel des Buches spricht Sommer über die vielen Bücher und wissenschaftlichen Werke, die sie selbst zum Thema «Hochsensibilität» gelesen hat und fasst ihr Wissen leicht verständlich zusammen. Sie schafft eine wichtige Basis für das Verständnis von Hochsensibilität, räumt Vorurteile beiseite und gibt dem Ganzen ein wissenschaftliches Fundament. So wird den Lesern vermittelt:

  • Du bist nicht allein.
  • Deine Andersartigkeit ist gut!
  • Es gibt Wege, wie du dein Leben mit der Hochsensibilität einfacher gestalten kannst.

Sommer erzählt auch von ihren eigenen Erfahrungen, und wie sie diese (vor allem aus ihrer Kindheit und Jugend) heute, mit dem Bewusstsein, dass sie hochsensibel ist, einordnet und neu verarbeitet hat. Gerade das Teilen dieser persönlichen Erlebnisse ist für eine Person, die das erste Mal mit dem Thema «Hochsensibilität» in Berührung kommt, von immensem Wert.

Anschließend geht die Autorin auf ein sehr interessantes, aber dennoch wenig beleuchtetes Thema ein: «Hochsensible und das geistliche Leben». Viele Hochsensible haben einen ganz eigenen, besonderen Zugang zu Gott, der unsichtbaren Welt und dem Gespür ihres gottgegebenen Körpers mit all seinen Sinnen.

Auch beleuchtet Sommer den Platz der Hochsensiblen innerhalb der Gemeinde. Sie gibt Antworten auf die Fragen, wie man das Gottesgeschenk einer ausgeprägten Sensibilität in der Gemeinde einsetzen kann und wie man Missverständnisse und Vorurteile (z.B. Hochsensibilität ist eine Schwäche) aus dem Weg räumt. Sowohl Hochsensible als auch Gemeindeleiter bekommen praktische Tipps, wie die Zusammenarbeit am besten gelingt und das Potenzial der Hochsensibilität ausgeschöpft wird.

Alles in allem empfehle ich das Buch jeder Person weiter, die auch nur die kleinsten Berührungspunkte mit dem Thema hat. «Mit allen Sinnen auf Empfang» lädt zur Selbstanalyse ein und gibt Aufschluss darüber,

  • ob man selbst hochsensibel ist
  • was genau Hochsensibilität bedeutet
  • wie man die negativ belasteten Vorurteile beiseite räumen kann
  • wie man sein volles Potenzial für Gott und seine Schöpfung nutzt.

Lastentragen, die verkannte Gabe – Christa & Dirk Lüling

Lastentragen die verkannte Gabe

In dem Bestseller «Lastentragen, die verkannte Gabe» geht es um eine besondere und durchaus seltenere Art der Hochsensibilität – nämlich in Verbindung mit Extraversion. Die meisten Hochsensiblen bezeichnen sich als Introvertierte – Menschen, die viel Zeit allein benötigen, um zu regenerieren, Gedanken zu ordnen und ihre «Akkus» wieder aufzuladen. Doch es gibt sie auch, die extrovertierten Hochsensiblen! Diese zwei Eigenschaften passen auf den ersten Blick nicht ganz zueinander, und gerade deshalb ist dieses Buch aufschlussreich.

Das Ehepaar Lüling beschreibt Belastungsmerkmale, die vielen Hochsensiblen bekannt sind:

  • sich verausgaben
  • sich stark um das Wohl der anderen bemühen
  • immer an Ort und Stelle sein wollen, um niemanden zu enttäuschen
  • die emotionalen Lasten der anderen tragen.

Einer hochsensiblen Person fällt es dann umso schwerer, sich vom Erlebten wieder zu erholen und nicht unter der Last der anderen zusammenzubrechen. Mit praktischen Tipps, eigenen Erfahrungsberichten und viel Feingefühl wird auf genau das eingegangen, was für viele extrovertierte Hochsensible ein unfassbar großes Problem darstellt: die Liebe zur Gemeinschaft mit Menschen und die damit verbundene Schwierigkeit, mit Überstimulation und emotionaler Last fertig zu werden.

Das Buch eignet sich hervorragend für Hochsensible, die gerne Zeit mit anderen verbringen und ihnen dienen, aber dadurch am Ende des Tages überlastet sind. Dank der vielen Erfahrungsberichte und praktischen Tipps ist «Lastentragen, die verkannte Gabe» ein guter Ratgeber zum Thema «Hochsensibilität» und dem gesunden Umgang mit anderen Menschen.

Hochsensible in der Partnerschaft – Brigitte Schorr

Hochsensible in der Partnerschaft

Als psychologische Beraterin und selbst Hochsensible hat Brigitte Schorr einen besonderen Zugang zur Hochsensibilität. Sie hat bereits viele Bücher zu diesem Thema in verschiedenen «Konstellationen» geschrieben: «Hochsensible Mütter», «Hochsensible im Beruf», und hiermit auch «Hochsensible in der Partnerschaft».

Es ist wichtig, dass ein für viele Menschen alltagsbestimmendes Thema auch im Zusammenhang mit den Beziehungen, die wir im Alltag haben, betrachtet wird. Gerade weil Hochsensible mit ihrem Empfinden nicht isoliert sind, haben sie auch einen Einfluss auf ihre Mitmenschen, ihre Kinder oder, wie hier betrachtet, ihre Partner. Brigitte Schorr spricht in diesem Buch typische zwischenmenschliche Konfliktsituationen an. Doch oft werden bereits angespannte Situationen durch die Hochsensibilität komplizierter oder schwieriger gemacht, als sie es sein müssten. Hierbei geht es um unterschiedliches Empfinden und Einschätzen, fehlendes Verständnis und verschiedene Arten, mit Konflikten umzugehen. Die Autorin geht auf Alltagssituationen ein wie den gemeinsamen Urlaub oder kleine Unstimmigkeiten, die jedes Paar auf die ein oder andere Art schon erlebt hat. Mit vielen praxiserprobten Tipps hilft sie Hochsensiblen,

  • Situationen objektiver einschätzen zu können
  • sich selbst zu schützen
  • Grenzen zu ziehen
  • auf den Partner zuzugehen
  • die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Auch gibt sie dem Partner, der nicht hochsensibel ist, wertvolle Tipps im Umgang mit den vermeintlichen Gefühlsschwankungen des Gegenübers und weshalb oft mehr dahintersteckt, als auf den ersten Blick sichtbar ist.

Es gab in dem Buch immer wieder Passagen oder Aussagen der Autorin, in denen Vorurteile gegenüber Hochsensiblen nicht ausgeräumt, sondern durchaus noch verstärkt wurden. Der Umgang damit hat mir nicht so gut gefallen. Trotzdem enthält das Buch viele Dinge, die beim Lesen neu für mich waren und die ich direkt selbst anwenden konnte. Der Inhalt hat dabei geholfen, nicht mehr nur meine Gedanken und mein Empfinden für wichtig anzusehen. Ich konnte in bestimmten Situationen, trotz meiner eigenen Überforderung, den Standpunkt meines Mannes besser nachvollziehen und mich von meiner Hochsensibilität nicht negativ beeinflussen lassen.

Fein, aber oho! – Anja Bätscher

Fein aber Oho Bätscher

Dieses kleine Büchlein hat es wirklich in sich. «Fein, aber oho!» behandelt vorrangig die Gaben und Talente, die Hochsensibilität mit sich bringt, und wie Hochsensible diese besser schätzen und nutzen lernen können. Es ist ein sehr positives Buch und lädt den Leser zur Selbstanalyse ein. Anja Bätscher hilft, die eigene Hochsensibilität und «Trigger» besser zu verstehen, die eigenen Grenzen besser einzuschätzen und einen positiven Blick auf die eigene Hochsensibilität zu bekommen.

Gegen Ende des Buches richtet Bätscher einige Fragen an andere Hochsensible. Das hilft dem Leser, die unterschiedlichen Facetten der Hochsensibilität kennenzulernen, und es vermittelt ein Gefühl von Gemeinschaft und Verständnis.

Das Buch von Anja Bätscher ist mir sehr positiv in Gedanken geblieben und eignet sich hervorragend als Einstiegslektüre für all diejenigen, die sich noch nicht sicher sind, ob sie überhaupt hochsensibel sind, oder die ganz am Anfang ihrer Reise stehen. Man fühlt sich beim Lesen an die Hand genommen und verstanden. 

Fazit

In meiner Buchauswahl zur Hochsensibilität ist für jeden, der sich mit dem Thema beschäftigen möchte, etwas dabei – egal, ob du dich mit eher wissenschaftlichen Erkenntnissen und der geistlichen Gabe beschäftigen möchtest, wie in «Mit allen Sinnen auf Empfang», oder einen gesunden Umgang damit in der Gemeinde bzw. beim Dienen («Lastentragen, die verkannte Gabe»), in der Partnerschaft bzw. Ehe («Hochsensible in der Partnerschaft») finden willst. Alle Bücher, besonders «Fein, aber oho!», helfen dir dabei zu entdecken, wie facettenreich und durchaus positiv eine erhöhte Sinneswahrnehmung wirklich sein kann.

Als Hochsensible bin ich unendlich dankbar, dass es zu diesem wichtigen Thema christliche Bücher gibt. Es wird nicht nur die Hochsensibilität selbst beleuchtet, was für den Leser schon von unendlichem Wert auf dem Weg zu einem unbeschwerteren Leben ist, sondern es werden auch die einhergehenden Gaben und der Auftrag, den Gott uns dabei gegeben hat, in den Fokus gerückt. Somit wird Hochsensiblen nicht nur vermittelt, dass sie nicht «falsch» oder «weniger gut» sind, sondern dass Gott sich auch bei ihrer Art etwas Geniales gedacht hat. Das ermutigt und heilt die ein oder andere Wunde und hilft bei der Reise zu einem besseren Selbst-Verständnis.

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