Sternschnuppe in Mikronesien

Ruhe nach dem Orkan – sinnbildlich für Weihnachten 2021? Oder sind wir noch im Auge des Sturms?
In jener Nacht im Südpazifik kam kein Weihnachtsfeeling auf – Palmen und Hitze statt Tannen und Schnee. Aber dann hat mich eine Sternschnuppe daran erinnert, dass ein ferne geglaubter Gott uns ganz nahe kommt – und das ist das Thema von Weihnachten.
Lesen Sie im beiliegenden Ausschnitt aus meinem Buch "Da geht’s lang" wie ich das Glück empfand, mit diesem Gott per DU zu sein und sein sehendes Auge über mir zu spüren.
Zum Jahreswechsel wünsche ich Ihnen solche beglückende Stunden, in denen die Zeit für einige selige Momente stillstehen sollte. Und wäre es die Ruhe vor dem nächsten Sturm, wir würden es trotzdem genießen.
Ihr Hermann Gühring

 

Schon wieder bin ich sieben Stunden nach Westen geflogen. Von Chicago nach Honolulu waren es 9 Stunden und 9 Minuten – zwei Tage später nach Guam 7 Stunden und 7 Minuten. Der Sekretärin teile ich mit, sie könne an ihrem nach Süden gerichteten Schreibtisch in Deutschland jetzt mal nach links gucken, ob ich da am Horizont schon auftauche, obwohl ich nach rechts (gegen Osten) verschwunden war …

Natürlich denkt man bei Mikronesien an ein Südseeparadies, Sonne, Strand und Palmen. Aber dann wird das Flugzeug von stürmschen Böen durchgeschüttelt und bricht durch dicke Wolken zum Flugfeld hinunter, das von sturzbachartigen Regenfällen überschwemmt ist. Nach dem Bremsvorgang bleiben wir einfach stehen. Wir müssten erst mal abwarten, sagt der Kapitän, bis das Schlimmste vorüber sei. Blitze fackeln über das Rollfeld, den Donner hört man im Flugzeug kaum, dafür im Flughafengebäude, das wir nach etwa einer halben Stunde endlich erreichen.

Wenigstens klappt meine Abholung. Die Dame mit meinem Namensschild ist völlig durchnässt – umso glücklicher, dass ich als einer der Ersten durch die Immigration komme. Sie rennt los, um das Auto so nahe wie möglich heranzuholen, ich warte mit meinem Koffer unter einem Schutzdach, fast betäubt von der beklemmenden Schönheit des Unwetters. Schließlich parkt sie nur zehn Meter weg, und ich sprinte los. Vergeblich, nach wenigen Sekunden bin ich bis auf die Haut nass. Und so blieb es den ganzen Abend, Pool wegen der Blitze gesperrt, das Spa wegen Renovierung geschlossen, an Strandgang nicht zu denken. Ob so ein Taifun aussieht? Statt Inselparadies ein meteorologisches Inferno.

Weil ich am nächsten Morgen schon weiter muss nach Manila, stelle ich den Wecker auf 3 Uhr – und tatsächlich, der Regen hatte aufgehört, und es herrschte eine geradezu himmlische Ruhe. Schnell ziehe ich die Badehose und mein Strandhemd an und schleiche mich durch den Hinterausgang Richtung Pool, der allerdings noch gesperrt ist. Ich versuche, an den Strand zu gelangen, aber da ist ein Zaun und ein Tor mit einer riesigen Kette. Glücklicherweise finde ich den Trampelpfad durchs Gebüsch, wo man über den niedergedrückten Zaun steigen kann.

Da bin ich, mitten in der Nacht. Allein an einem paradiesischen Sandstrand, das Wasser glatt wie ein Spiegel. Durch den Vollmond sehe ich genug, um vorsichtig ins unbekannte Wasser zu gehen. Es ist ganz seicht und fast warm, alle paar Sekunden beobachte ich Fische, die sich blitzschnell in Bewegung setzen und leicht aus dem Wasser springen. Weil das Wasser kaum tiefer wird, setze ich mich schließlich hin – ein Sitzbad im Pazifik? – und beobachte den Himmel. Was für ein Kontrast: gestern der Sturm und heute am frühen Morgen diese Ruhe.

Dann sehe ich eine Sternschnuppe – und wieder eine. Ist das Leben schön! Aber wie war das: Darf man sich da nicht was wünschen? Während mir die Gedanken durch den Kopf kreisen, was ich mir denn wünschen könnte, wird mir klar, welches Glück ich habe, dass ich zu Gott beten kann. Ich darf mir nämlich immer was wünschen. Und so fange ich an, mit ihm zu reden – in dem Bewusstsein, dass er jetzt gerade auf mich runterguckt und mich da sitzen sieht, ganz allein am Ende der Welt und ihm doch so nah.

Was ich ihm gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Aber das Gefühl ist mir noch bewusst, dass ich nicht viel reden muss, weil er mich kennt, mich sieht, nicht nur hört, was ich sage, sondern mit einem Blick alles überschaut, was für mich wichtig ist, und er erhört aus Liebe. Ich bin überwältigt von seiner Größe und Nähe an diesem Morgen – und würde dieses Empfinden gerne nie wieder loslassen.

Auszug aus «Da geht’s lang» von Hermann Gühring (S. 288 – 290)

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